Ich habe bereits einige Datenbankprojekte in verschiedenen Ausbaustufen und Größenordnungen übernommen – manchmal aus tragischen Gründen, weil der Entwickler verstorben ist, manchmal, weil Unternehmen einfach jemanden brauchten, der das System versteht und weiterentwickelt, weil der Entwickler „abhanden gekommen“ war. Einige Projekte waren nur rudimentär angelegt – bei anderen steckte viel Arbeit drin – immer wieder waren es auch selbstgestrickte Lösungen 🙂 Es war alles dabei – von kleinen Einzelplatzlösungen bis hin zu komplexen, unternehmenskritischen Systemen, wie der Übernahme eines Kliniksystems.
In allen Situationen ist eine strukturierte Herangehensweise empfehlenswert, um schnell handlungsfähig zu sein und die Datenbank betreuen oder weiterentwickeln zu können.
Der Zugang – Ohne Master-Passwort geht nichts
Der erste Schritt ist immer, sicherzustellen, dass die notwendigen Administrationsrechte verfügbar sind. Ohne den Master-Zugang kann ich keine tiefgehende Analyse der Datenbankstruktur durchführen. Leider kommt es immer wieder vor, dass Zugangsdaten fehlen oder Sicherheitskonzepte unklar sind. Deshalb gleich zu Beginn:
Wer hat den Master-Admin-Zugang?
Sind die Zugangsdaten dokumentiert und sicher hinterlegt?
(Gibt es Benutzerkonten, die überflüssig oder veraltet sind?)
Ohne einen vollständigen Zugriff geht leider gar nichts
Systemumgebung analysieren – Server, Cloud oder Einzelplatz?
Überblick über die Umgebung, in der sie läuft:
Welche FileMaker-Version wird genutzt? Ältere Versionen bringen oft Kompatibilitätsprobleme mit sich.
Ist es eine Einzelplatzlösung oder eine FM-Server-gestützte Umgebung?
Wo steht der Server, auch hier Adminrechte und Konfiguration.
Läuft die Datenbank in der FileMaker Cloud? -> Zugriff auf die Claris-Cloud-Verwaltungskonsole.
Wie sind die Backup-Strategien und die Skalierbarkeit der bestehenden Lösung.(Useranzahl)
Gibt es Integrationen mit externen Systemen? (z. B. API-Schnittstellen, ODBC-Verbindungen oder automatisierte Datenimporte)
Wer sind die Hauptnutzer? Wie ist der Zugang von außen organisiert?
Datensicherheit gewährleisten – Ein vollständiges Backup erstellen
Bevor ich irgendetwas verändere, wird eine vollständige Kopie der Datenbank erstellt. Das Backup dient als Testumgebung, in der man ohne das Live-System zu beeinträchtigen die Datenbank checken kann.
Mit den Anwender(n) gehe ich dann die Funktionen und die gewohnte Arbeitsweise durch, um ein Gefühl für das Ganze zu bekommen. 🙂
Datenbankstruktur verstehen – Tabellen, Felder und Beziehungen
Jetzt geht es um die Analyse der Tabellenstruktur und der Datenmodellierung. Oft läuft das parallel zum Check mit den Usern um bereits die Konstruktion zu verstehen.
Wie sind die Tabellen aufgebaut? Ist die Struktur geplant oder historisch gewachsen?
Welche Feldtypen werden genutzt? Sind Berechnungsfelder sinnvoll eingesetzt oder verlangsamen sie Abfragen / den Seitenaufbau?
Wie ist das Beziehungsdiagramm organisiert? Ist es im Anker-Boje-Prinzip aufgebaut oder gibt es eine zentrale Architektur?
Sind die Felder indiziert? Performance?
Externe Quellen? Globale Variablen, Tabellen?
Plugins und externe Abhängigkeiten identifizieren
Ein wichtiger Punkt sind Plugins und externe Abhängigkeiten. Daher:
Sind Plugins installiert? Falls ja, welche?
Sind sie noch aktuell und kompatibel mit der aktuellen FileMaker-Version?
Gibt es externe API-Verbindungen oder automatisierte Datenimporte?
Scripte und Automatisierungen analysieren
Ein FileMaker-System lebt von seiner Skript-Logik. Also geht man die wichtigsten Abläufe durch:
Wie sind die Scripte strukturiert? Sind sie modular aufgebaut, gibt es lange, unter Umständen schwer nachvollziehbare Abläufe?
Globale Variablen?
Mit dem FileMaker-Debugger geht man Schritt für Schritt durch um nachzuvollziehen, wie das System funktioniert.
Benutzerrechte und Sicherheit überprüfen
Gerade in sensiblen Bereichen, wie z. B. in Kliniken oder Unternehmen mit personenbezogenen Daten, ist die Zugriffssteuerung ein kritischer Punkt. Bestimmte Bereiche sollen meist nur bestimmten Personengruppen zugänglich sein.
Welche Benutzergruppen gibt es?
Welche Rechte haben die einzelnen Benutzer?
Sind alte Benutzerkonten noch aktiv?
Wie wird mit sensiblen Daten umgegangen?
Ist die Datenbank verschlüsselt?
Design und Benutzerfreundlichkeit
Das UI/UX-Design
Sind Layouts klar strukturiert und konsistent?
Wie ist das Design organisiert?
Gibt es mobile Anpassungen für FileMaker Go?
Ist die Navigation für die Benutzer intuitiv?
Dennoch: Jede FileMaker-Übernahme ist anders. Manche Systeme sind gut dokumentiert, andere haben sich über Jahre hinweg entwickelt. Wichtig ist, schnell einen vollständigen Überblick zu erhalten, die bestehende Lösung auch von der Benutzerführung zu verstehen um die Lösung entsprechend weiterentwickeln zu können oder aber entsprechend anzupassen-umzuorganisieren.